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Achtsamkeit und die sozialen Netzwerke

Ein Freund von mir hat heute auf Facebook mitgeteilt, dass er erst mal eine Facebook Pause macht. Die Reaktionen der Menschen, auf die aktuellen Nachrichten und Beiträge höhle ihn aus. Ich kann das gut nachvollziehen. Ich versuche beispielsweise Kommentare zu Beiträgen auf Facebook nicht zu lesen oder selbst zu kommentieren. Das funktioniert durch die Praxis der Achtsamkeit mittlerweile ganz gut. Aber manchmal auch nicht so gut. Zum Beispiel letzte Woche, als die Bilder der Fünfkämpferin und ihrem zugelosten Pferd durch die Nachrichten gingen. Da hat es auch mich erwischt. Voller Ohnmacht, über die Ungerechtigkeit die dem gequälten Tier widerfahren war, habe ich mich auch zu Kommentaren hinreißen lassen. 

Aber was ist da eigentlich passiert? Es gab ein gestresstes Pferd, das nicht gefragt wurde, ob es an dem Wettbewerb teilnehmen möchte. Das aus seiner Angst und seinem Instinkt heraus alles verweigert hat. Eine gestresste Reiterin in ihrer Angst gefangen, die so sicher geglaubte Medaille zu verlieren. Sie hatte auf so vieles verzichtet für diese Medaille, so viel dafür gearbeitet. Die fehlende Akzeptanz für das was in diesem Moment passiert und das sie nichts dagegen machen kann hat die Situation sicherlich nicht einfacher gemacht. In ihrem Leid und Verzweiflung schien sie das Leid des Tieres nicht mehr wahrnehmen zu können. Das eigene Leid war zu groß. Außen stand die Trainerin, die auch alle ihre Hoffnungen und Träume in Gefahr sah. Schrie und boxte das Pferd, forderte ihren Schützling auf härter zuzuschlagen. Auch sie war im eigenen Leid und der fehlenden Akzeptanz so verstrickt, dass sie das Leid ihres Schützlings und des Pferdes nicht mehr wahrnehmen konnte. Und ich? Was war mit mir, als ich die Nachrichten und Beiträge kommentierte? Ich war gefangen in meinem Mitleid für das Tier, in meiner Ohnmacht über diese Ungerechtigkeit und Gier. Selbst unfähig in diesem Moment das Leid der beiden Frauen wahrzunehmen. Ich war im Autopilot. Meine Achtsamkeit war nicht da in diesem Moment. Wäre ich mit meiner Aufmerksamkeit im Moment gewesen, ohne sofort zu beurteilen, hätte ich den Raum zwischen Reiz und Reaktion und so das Leid aller Beteiligten wahrnehmen können. Ich hätte mich gegen ein vorschnelles Kommentieren entscheiden und damit weiteres Leid vermeiden können.  

Gar nicht so einfach mit der Achtsamkeit in den sozialen Netzwerken. Eine Herausforderung, auch für mich als MBSR-Lehrende. Mit der Achtsamkeit ist es wie mit einer fremden Sprache lernen. Eine fremde Sprache lernt man auch nicht von heute auf morgen. Üben, praktizieren und im Alltag anwenden so vertieft sich mit der Zeit die Achtsamkeit.